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Ökonomie als Geschichte? Die “historische Schule” der Nationalökonomie
10. Abril 2023 https://www.persee.fr/doc/cetge_0751-4239_2001_num_40_1_1545#cetge_0751-4239_2001_num_40_1_T1_0042_0000 Ökonomie als Geschichte? Die “historische Schule” der Nationalökonomie im Spiegel der jüngeren Forschung [article] sem-linkSteffen Sammler Cahiers d'Études Germaniques Année 2001 40 pp. 37-51 Fait partie d'un numéro thématique : Historiographie allemande au XIXe siècle Référence bibliographique doc-ctrl/global/pdf doc-ctrl/global/image doc-ctrl/global/bookmark doc-ctrl/global/reset Üi. "A“-' J) 1 Ökonomie als Geschichte? Die “historische Schule” der Nationalökonomie im Spiegel der jüngeren Forschung* Steffen SAMMLER Université de Leipzig Au XIXe siècle, en Allemagne où un sentiment nouveau se fait jour, l'histoire économique se constitue. (Georges Lefebvre, Notions d'histo¬ riographie moderne , 1945, p. 46.2) 1 Einleitung Georges Lefebvre hat in seinen Vorlesungen zur Geschichte des histo¬ rischen Denkens, die er 1945/46 an der Sorbonne gehalten hat, hervor¬ gehoben, dass die Geburtsstunde einer wissenschaftlichen Wirtschafts¬ geschichtsschreibung im Deutschland des 19. Jahrhunderts zu suchen sei. Wenn Lefebvre, wie der Baseler Wissenschaftshistoriker Christian Simon festgestellt hat, sich bei der Erarbeitung seiner Vorlesungen auch stark von der klassischen Darstellung Eduard Fueters inspiriert hat3, so darf sein 1 Der Titel verweist in seiner Umkehrung “Geschichte als Ökonomie” auf eine Maxime der Geschichtsauffassung von Karl Marx und Friedrich Engels, die ein ständiger Reibungs¬ faktor der “historischen Schule war”. Der Beitrag wird die Entwicklung der “historischen Schule” im 19. Jahrhundert anhand der Lektüre von Originaltexten und Forschungsliteratur nachzeichnen. Er wird auf die Kon¬ junktur der Veröffentlichungen zur Weiterführung dies» Ideen in Gestalt von Werner Sombart (1863-1941), die seit der Reprintausgabe seines Hauptwerkes “Der moderne Kapitalismus” und des von Bernhard vom Brocke besorgten Kommentarbandes Sombarts Moderner Kapitalismus. Materialien zur Kritik und Rezeption, Deutscher Taschenbuch¬ verlag, München 1987 anhält, nicht näher eingehen können. Für die Rezeption Sombarts in Frankreich sei auf den von Hinnerk Bruhns und Heinz-Gerhard Haupt herausgegebenen Band “Journée d’études Werner Sombart”, Cahiers du Centre de Recherches Historiques (EHESS), hors-série, Paris 1990 verwiesen. 2 Georges Lefebvre, La naissance de l'historiographie moderne, Flammarion, Paris 1971, S. 307. 3 Vgl. Christian Simon, Historiographie. Eine Einführung, Verlag Eugen Ulmer, Stutt¬ gart 1996, S. 26. Die Arbeit von Eduard Fueter, Geschichte der neueren Historiographie, R. Oldenbourg, München 1911 gilt auch heute noch als der “Klassiker” unter den Darstel¬ lungen zur Geschichte der Geschichtsschreibung. 38 STEFFEN SAMMLER besonderes Interesse für die Wegbereiter der Wirtschaftsgeschichte wohl doch als ein originäres gelten. Die Gründe für das frühe Interesse an wirt¬ schaftsgeschichtlichen Fragestellungen sieht Lefebvre in der Tatsache be¬ gründet, dass die wirtschaftliche Einigung im Rahmen des “Zollvereins” der politischen vorangegangen sei.4 Die deutschen Nationalökonomen des 19. Jahrhunderts, die man später unter der Bezeichnung “historische Schule” zusammengefasst hat, setzten sich unter dem Eindruck der “Doppelrevolution” von wirtschaftlicher und politischer Liberalisierung in Großbritannien und Frankreich mit den Be¬ sonderheiten der deutschen Wirtschaftsgesellschaft und der verspäteten Nationenwerdung auseinander. Sie gingen, wie ihre Zeitgenossen in Gro߬ britannien und Frankreich, von der zentralen Bedeutung wirtschaftlichen Handelns für die gesellschaftliche Entwicklung aus. Gleichzeitig ordneten sie die wirtschaftliche Tätigkeit aber in die Gesamtheit menschlichen Handelns ein und unterstrichen im Gegensatz zu den geschichtslosen ökonomischen Theorien David Ricardos, John Stuart Mills oder Jean-Baptiste Says die Not¬ wendigkeit der Rückkopplung wirtschaftlicher Theorien an konkrete historische Bedingungen. Die “historische Schule” der Nationalökonomie, die in der Rückschau in eine “ältere” (Wilhelm Roscher, Bruno Hildebrand, Karl Knies) und eine “jüngere Schule” (Gustav Schmoller) unterschieden wird, hat die Entwicklung der Gesellschaftswissenschaften in Deutschland im 19. Jahrhundert wesentlich geprägt5 und vor allem in Gestalt der Vertreter der “jüngeren Schule”, wenn man Werner Sombart dazu rechnen darf, eine intensive Rezeption im Ausland erfahren.6 Die Veränderungen in der Wissenschaftslandschaft im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, die zu einer Trennung von Ökonomie und Geschichte im Rahmen der Ausdifferenzierung der gesellschaftswissenschaftlichen Fächer führte und der durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten verur¬ sachte Bruch, der einzelne Vertreter der “historischen Schule” kompro¬ mittierte und andere in die Emigration zwang, haben dazu geführt, dass die historische Methode in den Wirtschaftswissenschaften in Deutschland während eines halben Jahrhunderts eher ein Schattendasein in den wissen- 4 “La raison ? L'économie a joué un grand rôle dans la formation de l'unité allemande. C'est sous une forme économique que s'est d’abord constituée cette unité de la petite Allemagne (l'Autriche en étant exclue) par l'effort de la Prusse, et la création du Zollverein.” Georges Lefebvre, La naissance de l'historiographie moderne, S. 307. 5 Für einen ersten Überblick vgl. Günter Schmölders, “Historische Schule”, in Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, Band 4, UTB für Wissenschaft, Stuttgart u.a. 1988, S. 69-73. 6 Vgl. Michael Appel, Werner Sombart. Theoretiker und Historiker des modernen Kapitalismus, Metropolis-Verlag, Marburg 1992, S. 266-269. Für den Brückenschlag von Werner Sombart zu Fernand Braudel vgl. Michel Morineau, “De Werner Sombart à Fernand Braudel : le Capitalisme ininterrogé”, in Gérard Gayot, Jean-Pierre Hirsch (Hrsg.), La Révolution Française et le développement du capitalisme, Lüle 1989, S. 47-67 ; Wolfgang Mager, “La conception du capitalisme chez Braudel et Sombart. Convergences et divergences”, in Fernand Braudel et VHistoire, présenté par Jacques Revel, Hachette, Paris 1999, S. 137-148. ÖKONOMIE ALS GESCHICHTE?... 39 schaftlichen Debatten geführt hat.7 Dies hat sich in den letzten Jahren allerdings grundlegend geändert und steht in einem untrennbaren Zusam¬ menhang mit der Kritik, die von deutschen Nationalökonomen an der Domi¬ nanz der neoklassischen Theorie geübt worden ist. Das wachsende Interesse für die Entwicklung der deutschen Nationalökonomie im 19. Jahrhundert geht einher mit der erfolgreichen Entwicklung der Kulturwissenschaften als integrativer geistes-und sozialwissenschaftlicher Disziplin. Letztere hat dazu geführt, dass sich Wirtschafts-und Geschichtswissenschaften im letzten Jahrzehnt verstärkt kulturellen Fragestellungen zugewandt8 und dabei bewußt an die Traditionen des 19. Jahrhunderts angeknüpft haben. Vor diesem Hintergrund erscheint es lohnenswert, zunächst die Wieder¬ entdeckung des 19. Jahrhunderts als eine Konjunktur der Wissenschafts¬ geschichtsschreibung zu beschreiben, anschließend die Entwicklung der “historischen Schule” im Spiegel der neueren Literatur zu diskutieren und schließlich auf die Folgen für die Entwicklung der beteiligten wissenschaft¬ lichen Disziplinen und ihres Wissenschaftsverständnisses einzugehen. Dabei soll der Beitrag als Anregung verstanden werden, sich den Texten der “Klassiker der historischen Schule”, die in den letzten Jahren in einer Reihe von ausführlich kommentierten Editionen vorgelegt worden sind, wieder zuzuwenden. 2 Die Wiederentdeckung des 19. Jahrhunderts Wenn wir nach den Ursachen für die Wiederentdeckung der Geschichts¬ schreibung des 19. Jahrhunderts im letzten Jahrzehnt fragen, dann können wir drei Entwicklungslinien verfolgen, die sich gegenseitig befruchtet haben. Aus der Sicht der Wirtschaftswissenschaften sind zunächst die Arbeiten der von Birger P. Priddat herausgegebenen Reihe “Beiträge zur Geschichte der deutschsprachigen Ökonomie” und die Beiträge der unter Leitung von Bertram Schefold von Wolfram Engels, Herbert Hax, Friedrich August von Hayek und Horst Claus Reckten wald herausgegebenen Handelsblatt-Biblio¬ thek: “Klassiker der Nationalökonomie” zu nennen. Sie haben in jüngster Zeit durch kommentierte Editionen und Monographien zu einer Neubestim¬ mung des Platzes der Vertreter der “historischen Schule” Wilhelm Roscher, Bruno Hildebrand, Karl Knies oder Gustav Schmoller in der Geschichte des 7 Eine Reihe von jüngeren Nationalökonomen, die Deutschland nach 1933 verlassen mussten, haben sich in Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika als Wirtschaftshistoriker betätigt oder intensiv mit der Geschichte ihrer Disziplin auseinander¬ gesetzt. Für unsere Fragestellung sei auf die Arbeit von Werner Stark, History and Historians of Political Economy verwiesen, die 1994 von Charles M.A. Clark nach den Vorlesungsmanuskripten Starks herausgegeben worden ist 8 Vgl. aus der Perspektive der Geschichtswissenschaft Thomas Mergel, Thomas Welskopp (Hrsg.), Geschichte zwischen Kultur und Gesellschaft. Beiträge zur Theorie¬ debatte , Verlag C.H. Beck, München 1997 ; aus der Perspektive der Wirtschaftswissen¬ schaften Rainer Klump (Hrsg.), Wirtschqftskultur, Wirtschaftsstil und Wirtschaftsordnung , Metropolis-Verlag, Marburg 1996. 40 STEFFEN SAMMLER volkswirtschaftlichen Denkens beigetragen.9 Ihnen geht es um die Rehabili¬ tierung von Ansätzen in der deutschen ökonomischen Theoriebildung, die durch die Dominanz der neoklassischen Ökonomie in Vergessenheit geraten waren und dem interessierten Leser wieder zugänglich gemacht werden sollen. Priddat verweist im editorischen Vorwort zu der von ihm heraus¬ gegebenen Reihe auf ein zweifaches Anliegen. Es geht ihm darum, die deutschsprachige ökonomische Theorie aufzuwerten, “die der englischen Parallelgeschichte als durchaus gleichrangig gegenüberzustellen sei” und gleichzeitig die vielfältigen “Parallelen zu modernen Fragestellungen, ins¬ besondere zur Institutionenökonomie, zu evolutions-und systemtheore¬ tischen Konzeptionen” aufzuzeigen. “Die älteren Antworten seien historisch geworden, aber manche der Fragestellungen würden heute wieder aktuell.”10 Vor dem Hintergrund der Globalisierung stießen vor allem jene Fragestel¬ lungen auf das Interesse der Wirtschaftswissenschaften, die dem Wechselver¬ hältnis von globaler wirtschaftlicher Entwicklung und nationaler bzw. regio¬ naler kultureller Tradition nachgespürt hatten. In den Geschichtswissenschaften führte die erwähnte Konjunktur kultur¬ geschichtlicher Fragestellungen zu einer kritischen Reflexion über das Selbstverständnis der Wirtschafts-und Sozialgeschichte, das zum Nach¬ denken über die Wurzeln und die Perspektiven des Faches anregte.11 Dar¬ über sind in den letzten Jahren in den Periodika der deutschen Wirtschafts¬ und Sozialhistoriker “Vierteljahresschrift für Sozial-und Wirtschafts¬ geschichte” und “Geschichte und Gesellschaft” anregende Debatten geführt worden, die die besondere Stellung der Wirtschaftsgeschichte im Fächer¬ kanon zwischen Kultur-und Wirtschaftswissenschaften thematisiert haben.12 Gleichzeitig wies die Kulturgeschichte den Weg, über die Annäherung an die 9 Die in den jeweiligen Kommentarbänden zu Wilhelm Roscher und Bruno Hildebrand vereinten Beiträge bieten ein nachahmenwertes Beispiel für die Zusammenarbeit von Ökonomen und Historikern auf der internationalen Ebene. Vgl. Bertram Schefold, Gottfried Eisermann, Francesca Sohnzinger, Jürgen G. Backhaus, Peter D. Groenewegen, Wilhelm Roscher, " Geschichte der National-Oekonomik in Deutschland” .Vademecum zu einem Klassiker der deutschen Dogmengeschichte, Verlag Wirtschaft und Finanzen, Düsseldorf 1992 ; Gottfried Eisermann, Vitantonio Gioia, Toni Pierenkemper, Emma Rothschild, Bertram Schefold, Bruno Hildebrands, “Die Nationalökonomie der Gegenwart und Zukunft” . Vademecum zu einem Klassiker der Stufenlehren, Verlag Wirtschaft und Finan¬ zen, Düsseldorf 1998. Zu Gustav Schmoller hat Heino Heinrich Nau (Hrsg.), Gustav Schmoller. Historisch-ethische Nationalökonomie als Kulturwissenschaft. Ausgewählte methodologische Schriften, Metropolis-Verlag, Marburg 1998 eine sorgfältig kommentierte Textausgabe besorgt 10 B.P. Priddat, Produktive Kraft, sittliche Ordnung und geistige Macht. Denkstile der deutschen Nationalökonomie im 18. und 19. Jahrhundert, Metropolis-Verlag, Marburg 1998, S. 5. 11 Vgl. die Beiträge von Toni Pierenkemper, “Wirtschaftsgeschichte und Josef Mooser, Sozial-und Wirtschaftsgeschichte, Historische Sozialwissenschaft, Gesellschafts¬ geschichte”, in Hans-Jürgen Goertz (Hrsg.), Geschichte. Ein Grundkurs, Rowohlt Taschen¬ buch Verlag, Reinbeck bei Hamburg 1998. 12 Für das Verständnis der disziplinären und institutionellen Verortung der Disziplin Wirtschaftsgeschichte sei darauf verwiesen, dass ein Teil der Lehrstühle für Wirtschafts¬ geschichte an deutschen Universitäten als Bestandteil der Geschichtswissenschaften philoso¬ phisch« ! Fakultäten zugeordnet ist, ein anderer Teil im Bereich der wirtschaftswissen¬ schaftlichen Fakultäten angesiedelt ist ÖKONOMIE ALS GESCHICHTE?... 41 Biographie der Protagonisten der “historischen Schule” deren theoretische Erträge in einen breiteren gesellschafts-und wissenschaftsgeschichtlichen Kontext zu stellen.13 Die Debatten innerhalb der Wirtschaftswissenschaften und der Geschichte um die Vergangenheit und die Zukunft ihrer Fächer stehen schließlich in einem engen Zusammenhang mit der Konjunktur wissenschaftsgeschicht¬ licher Arbeiten, die für das 19. Jahrhundert vor allem mit den Namen von Jörn Rüsen und Rüdiger vom Bruch verbunden sind. In diesen Arbeiten ist die Entwicklung des Historismus als herrschendes Paradigma der Geschichtswissenschaft in Deutschland im 19. Jahrhundert in eine ver¬ gleichende Perspektive gestellt und der Blick auf die sogenannten Außen¬ seiter des Faches geschärft worden.14 Die Anwendung des Begriffes Außen¬ seiter auf die Vertreter der “Historischen Schule”, wie sie von Friedrich Jaeger und Jörn Rüsen in ihrer “Geschichte des Historismus” vorgenommen worden ist, erscheint allerdings auf Grund ihrer besonderen Stellung in der Wissenschaftslandschaft des 19. Jahrhunderts, die sie eben als Staats¬ wissenschaftler erst um 1900 zu Konkurrenten der traditionellen Historiker werden ließen, problematisch.15 Die Vertreter der “historischen Schule” haben das Paradigma des Historismus durch die Wahl ihrer Themenstel¬ lungen und Methoden zwar modifiziert, aber durch die Übertragung der historisch-kritischen Methode auf die Wirtschaftswissenschaften ist die “historische Schule” eher als ein paralleler Strang zum Historismus in den traditionellen Geschichtswissenschaften zu interpretieren, der folgerichtig gemeinsam mit ihnen um 1900 in die Krise geriet. Diese Epochenscheide ist für unseren Gegenstand vor allem in einem Beitrag von Lutz Raphael und zwei Sammelbänden thematisiert worden, die von Notker Hammerstein, Rüdiger vom Bruch, Friedrich Wilhelm Graf und Gangolf Hübinger heraus¬ gegeben worden sind.16 13 Als wichtigste Arbeit in dieser Tradition darf die Biographie von Werner Sombart aus der Feder von Friedrich Lenger gelten. Vgl. Friedrich Lenger, Werner Sombart 1863-1941. Eine Biographie, Verlag C.H. Beck, München 1994. 14 Vgl. Friedrich Jaeger, Jöm Rüsen, Geschichte des Historismus, Verlag C.H. Beck, München 1992 ; Annette Wittkau, Historismus. Zur Geschichte des Begriffs und des Pro¬ blems, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1993 ; Geschichtsdiskurs Band 3 : Die Epoche der Historisierung, hrsg. von Wolfgang Küttler, Jöm Rüsen und Emst Schulin, Fischer Taschenbuch Verlag 1997 ; Eckhardt Fuchs, Steffen Sammler (Hrsg.), Geschichtswissen¬ schifft neben dem Historismus, Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 1995 ; eine Einordnung der Entwicklung der deutschen Gesellschaftswissenschaften in eine europäische Perspektive nimmt Peter Wagner in seiner Studie, Sozialwissenschifften und Staat. Frankreich, Italien, Deutschland 1870-1980, Campus Verlag, Frankfurt a.M./New York 1990 vor. 15 Vgl. Rüdiger vom Bruch, “Zur Historisierung der Staatswissenschaften. Von der Kameralistik zur historischen Schule der Nationalökonomie”, in Berichte zur Wissenschafts¬ geschichte, Band 8 (1985), S. 131-146. 16 Vgl. Lutz Raphael, “Historikerkontroversen im Spannungsfeld zwischen Berufs¬ habitus, Fächerkonkurrenz und sozialen Deutungsmustem. Lamprechtstreit und franzö¬ sischer Methodenstreit der Jahrhundertwende in vergleichender Perspektive”, in Historische Zeitschrift, Bd 251 (1990), S. 325-363 ; Notker Hammerstein (Hrsg.), Deutsche Ge¬ schichtswissenschaft um 1900, Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1988 ; Rüdiger vom Bruch, Friedrich Wilhelm Graf, Gangolf Hübinger (Hrsg.), Kultur und Kulturwissenschaften um 1900. Krise der Moderne und Glaube an die Wissenschaft, Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1989. 42 STEFFEN SAMMLER 3 Die “Historische Schule” und ihre Entwicklung im 19. Jahrhundert Wenn wir nach den Namen der wichtigsten Vertreter der “historischen Schule” in den einschlägigen biographischen Nachschlagewerken suchen, erweist sich, dass deren führende Vertreter Wilhelm Roscher und Gustav Schmoller sowohl in dem von Rüdiger von Bruch und Rainer A. Müller herausgegebenen Historikerlexikon einen Eintrag besitzen als auch in den einschlägigen Darstellungen der Klassiker des ökonomischen Denkens ihren Platz gefunden haben, wie dies ihrem Selbstverständnis als Historiker und Ökonomen entsprach.17 Der vorliegende Beitrag wird vor allem auf die akademischen Lebensläufe und wissenschaftlichen Veröffentlichungen von Wilhelm Roscher, Bruno Hildebrand, Karl Knies, Gustav Schmoller und Karl Bücher eingehen, die im letzten Jahrzehnt Gegenstand ausführlicher Untersuchungen geworden sind.18 Der Längsschnitt müsste selbstverständ¬ lich durch Querschnitte ergänzt werden, die die jeweilige Verankerung der einzelnen Vertreter in wissenschaftlichen Schulen, politischen Organisa¬ tionen und kulturellen Milieus deutlich machen. Dieser Aufgabe hat sich, mit Blick auf die Institutionalisierung der Geschichtswissenschaften, in jüngerer Zeit eine Gruppe von Leipziger Historikern um Frank Hadler und Matthias Middell gewidmet.19 Der zeitliche Rahmen, in den die hier vorgestellten Vertreter der “histo¬ rischen Schule” gestellt werden, wird einmal von der Erfahrung der “Dop¬ pelrevolution” des ausgehenden 18. Jahrhunderts in Gestalt der politischen und industriellen Revolution und zum anderen durch die Hochindu¬ strialisierung und den damit verbundenen Verwissenschaftlichungsprozess am Ende des 19. Jahrhunderts geprägt. Wissenschafts geschichtlich markiert die Konfrontation der traditionellen Staatswissenschaften kameralistischer Prägung mit der klassischen Ökonomie englischer und französischer Prä¬ gung, d.h. die Auseinandersetzung zwischen korporativ verfasster und indi¬ viduell gestalteter Wirtschaftsordnung, den Beginn der Herausbildung der 17 Vgl. Rüdiger vom Bruch, Rainer A. Müller, Historikerlexikon : von der Antike bis zum 20. Jahrhundert , Verlag C.H. Beck, München 1991 ; Joachim Starbatty (Hrsg.), Klassiker des ökonomischen Denkens, Verlag C.H. Beck, München 1989. Die Auswahl des von Notker Hammerstein besorgten Bandes über die deutsche Geschichtswissenschaft um 1900 bezieht selbstverständlich die führenden Vertreter der “jüngeren Schule” Gustav Schmoller und Karl Bücher ein, die von dem Historiker Rüdiger vom Bruch und dem Nationalökonomen Bertram Schefold porträtiert werden. 18 Vgl. neben den in Anmerkung 9 zitierten Beiträgen Jürgen G. Backhaus (Hrsg.), Gustav von Schmoller und die Probleme von heute, Duncker & Humblot, Berlin 1993 ; Peter Koslowski (Hrsg.), The Theory of Ethical Economy in the Historical School. Wilhelm Roscher, Lorenz von Stein, Gustav Schmoller, Wilhelm Dilthey and Contemporary Theory, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg 1995 ; Birger P. Preddat, Die andere Ökonomie. Eine neue Einschätzung von Gustav Schmollers Versuch einer “ ethisch-historischen ” National¬ ökonomie im 19. Jahrhundert, Metropolis-Verlag, Marburg 1995 ; Jürgen Backhaus (Hrsg.), Karl Bücher. Theory -History -Anthropology -Non Market Economies, Metro-polis-Verlag, Marburg 2000. 19 Vgl. Matthias Middell, Gabriele Lingelbach, Frank Hadler (Hrsg.), Historische Institute im internationalen Vergleich, Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 2001. ÖKONOMIE ALS GESCHICHTE?... 43 “historischen Schule”. Der Methodenstreit in der deutschen Wissenschaft um 1900, der im Zuge der Ausdifferenzierung der gesellschaftswissenschaft¬ lichen Fächer Politikwissenschaft, Soziologie und Wirtschaftswissenschaft, die bis dato unter dem Dach der Staats Wissenschaften vereint waren, geführt wurde, steht am Ende der von uns skizzierten Entwicklung. Für die “histo¬ rische Schule” war die Auseinandersetzung zwischen Gustav Schmoller und dem Gründer der “Grenznutzenschule” im deutschsprachigen Raum, Carl Menger, dafür von zentraler Bedeutung. Die Periode des Methodenstreits in den Geistes wissenschaf ten um 1900 ist daneben vor allem mit den Namen von Karl Lamprecht und Max Weber verbunden. Sie leitet eine wissen¬ schaftsgeschichtliche Periode ein, die in jüngerer Zeit auch in Frankreich größere Beachtung gefunden hat20 und steht für die Beobachtung, dass neben den Vertretern der Aufklärung und der Romantik vor allem die deutschen Sozialwissenschaftler des frühen 20. Jahrhunderts das Interesse der französischen Forschung gefunden haben. Im Mittelpunkt des Interesses der “historischen Schule” und ihrer unmit¬ telbaren Vorläufer in Gestalt von Adam Müller (1779-1829) und Friedrich List (1789-1846) stand die Auseinandersetzung mit den Folgen der “Doppel¬ revolution” in England und Frankreich. Die deutschen Nationalökonomen reagierten auf die Herausforderungen des politischen Liberalismus und des Industrialisierungsprozesses, der die deutsche Gesellschaft des beginnenden 19. Jahrhunderts mit hohen sozialen und kulturellen Kosten konfrontierte.21 Die Kritik am englischen Modell des “Manchesterliberalismus” führte Müller und List auf die Suche nach einem spezifischen Weg in die Moderne, der den Besonderheiten der deutschen Entwicklung Rechnung tragen sollte. Müller präferierte eine Konsolidierung der ständisch verfassten Ordnung, die mit der für die Romantik typischen Idealisierung der mittelalterlichen Gesellschaft einherging.22 List plädierte dagegen für eine offensive Aus¬ einandersetzung mit dem englischen Modell der Industrialisierung. Er sah die industrielle Entwicklung Großbritanniens als höchste Stufe der bisheri¬ gen geschichtlichen Entwicklung an. Deutschland sollte diese Entwicklung über den Weg einer zeitweiligen zollgeschützten Entwicklung, den soge¬ nannten “Erziehungszöllen”, nachvollziehen. Beide Autoren können deshalb als Vorläufer der von uns beschriebenen Entwicklung angesehen werden, weil sie in ihren Argumentationen bereits historische Etappen des wirt¬ schaftlichen Entwicklungsprozesses unterschieden, die mit bestimmten gesellschaftlichen Verfassungen übereinstimmen sollten. Gleichzeitig legten sie großes Gewicht auf den kulturellen Hintergrund wirtschaftlichen Handelns. List sah in den “produktiven Kräften”, den kulturellen Grund¬ lagen wirtschaftlichen Handelns, die entscheidende Voraussetzung für die 20 Vgl. Catherine Coluot-Thélène, Max Weber et l'histoire, PUF, Paris 1990. 21 Vgl. Gottfried Eisermann, Die Grundlagen des Historismus in der deutschen Natio¬ nalökonomie, Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1956, S. 98-118. 22 Vgl. Adam Müller, Die Elemente der Staatskunst, Barlin 1809. 44 STEFFEN SAMMLER Schaffung des gesellschaftlichen Reichtums.23 Daran konnten seine Nach¬ folger anknüpfen. List steht damit für jene ambivalente Betrachtung der Akteure des geschichtlichen Prozesses, die auch seinen Nachfolgern Roscher, Knies und Schmoller eigen war. Es gelang ihnen, Wirtschaftsordnungen zu typologisieren und konkreten historischen Zeitabschnitten zuzuordnen. Gleichzeitig sprachen sie den Akteuren des wirtschaftlichen Prozesses jedoch kollektive kulturelle Eigenschaften zu, die in der Form des “Volksgeistes” zu einem zentralen Kritikpunkt späterer Generationen an den Vertretern der “historischen Schule” wurden. Wilhelm Roscher (1817-1894), der als “Vater” der “historischen Schule” angesehen werden kann, war durch das Fortschrittsdenken der Aufklärung und die Hegelsche Philosophie gleicher¬ maßen geprägt. Er orientierte sich an den Lebensalterszyklen der Hegel-schen Philosophie und versuchte nach diesem Muster Stufen der wirt¬ schaftlichen Entwicklung zu erarbeiten, an denen er die Annahmen der klassischen Ökonomie überprüfen wollte.24 Roscher sah in der Entwicklung der Naturwissenschaften Anknüpfungspunkte für seine Vorstellung vom Verlauf des historischen Prozesses. Er stand noch stark in der Tradition der älteren Staatswissenschaften, die ihre Ergebnisse aus der Kompilation der Literatur gewannen und voller Bewunderung auf die wissenschaftliche Methode Leopold von Rankes blickten. Bruno Hildebrand (1812-1886) voll¬ zog unter dem Eindruck der sozialen Folgen des englischen Industriali¬ sierungsprozesses dann den Bruch mit der klassischen Ökonomie.25 Er versuchte, den zeitlosen Theoremen der Klassik Gesetze der ökonomischen Entwicklung in der Tradition des Fortschrittsgedankens gegenüberzustellen, die eng an die soziale Emanzipation der vom Industrialisierungsprozess benachteiligten Schichten gebunden waren. Hildebrands Stufenlehre ist als Ergebnis seiner intensiven Auseinandersetzung mit den englischen und fran¬ zösischen utopischen Sozialisten und vor allem mit Friedrich Engels' Arbeit über die “Lage der arbeitenden Klasse in England” von 1845 zu verstehen. Die “Nationalökonomie der Gegenwart und Zukunft” erschien im gleichen Jahr wie das “Kommunistische Manifest” aus der Feder von Karl Marx und Friedrich Engels und John Stuart Mills “Principles of Political Economy”26 23 Vgl. Friedrich List, Das nationale System der politischen Ökonomie, Cotta Stuttgart 1841. 24 Wilhelm Roscher hat sein wissenschaftliches Programm 1843 in seinem “Grundriß über die Staatswirthschaft. Nach geschichtlicher Methode” dargelegt, der im Verlag der Dieterichschen Buchhandlung in Göttingen erschienen ist. In der Tradition des Aristophe-lischen Denkens formulierte er : “Die Staatswirthschaft ist nicht bloß eine Chrematistik, eine Kunst, reich zu werden, sondern eine politische Wissenschaft, wo es darauf ankommt, Menschen zu beurtheilen, Menschen zu beherrschen. Unser Ziel ist die Darstellung dessen, was die Völker in wirthschaftlicher Hinsicht gedacht, gewollt und empfunden, was sie erstrebt und erreicht, warum sie es erstrebt und warum sie es erreicht haben. Eine solche Darstellung ist nur möglich im engsten Bunde mit den anderen Wissenschaften vom Volks¬ leben, insbesondere der Rechts-, Staats-und Kulturgeschichte.” Ebenda, S. IV. 25 Vgl. Bruno Hildebrand, Die Nationalökonomie der Gegenwart und Zukunft, Litera¬ turanstalt, Frankfurt a.M. 1848. 26 Auf diesen Zusammenhang verweist Vitantonio Gioia, “Die Stufenlehre aus heutiger Sicht. Einige Bemerkungen zu Hildebrands Stufentheorie”, in Gottfried Eisermann, ÖKONOMIE ALS GESCHICHTE?... 45 als Ausdruck der Suche nach Entwicklungsperspektiven, die den hohen sozialen Kosten des frühen Industrialisierungsprozesses begegnen sollten. Hildebrand bereicherte die Nationalökonomie darüber hinaus um die Er¬ arbeitung einer wissenschaftlichen Statistik, die auf exakten mathematischen Berechnungen beruhte und von seinem Schüler und Freund Karl Knies (1821-1878) weiterentwickelt wurde.27 Karl Knies kritisierte in seiner “Politischen Ökonomie vom Standpunkte der geschichtlichen Methode”28 aus dem Jahr 1853 den von Roscher und Hildebrand unternommenen Versuch, in der Tradition der Aufklärungsphilosophie und in Anlehnung an die Naturwissenschaften allgemeingültige Entwicklungsgesetze aufzustellen, als teleologische Konstruktionen. Er unterstrich, dass es keine allgemein gülti¬ gen Gesetze der historischen Entwicklung geben könne, sondern der Bezug zu den Ereignissen in der Vergangenheit nur über Analogiebildungen her¬ gestellt werden könne. Durch die Entkoppelung von der Fortschrittsphilo¬ sophie der Aufklärung war der Weg frei für die konsequente Anwendung der historischen Methode bei der Untersuchung wirtschaftswissenschaft¬ licher Fragen durch die Vertreter der “jüngeren Schule”. Auf die Zeit der Formulierung und Kritik der historischen Methode durch die Vertreter der “älteren Schule” folgte die Umsetzung in einer Vielzahl von quellenge¬ stützten Forschungen durch die Vertreter der “jüngeren Schule” um Gustav Schmoller (1838-1917, geadelt 1908) und Karl Bücher (1847-1930) im letzten Drittel des Jahrhunderts. Die “jüngere Schule” hat damit einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung einer quellenkritischen, d.h. im Rankeschen Sinne wissenschaftlichen Wirtschaftsgeschichtsforschung ge¬ leistet. Gleichzeitig hat sie den Anspruch der “älteren Schule”, allgemein-gültige Aussagen über den Verlauf des historischen Prozesses treffen zu können, nicht aufgegeben, sondern nur in die Zukunft verlagert. Umfang¬ reiche empirische Arbeiten nach der induktiven Methode sollten der For¬ mulierung neuer Entwicklungsgesetze vorausgehen. Sie sollten, wie Gustav Schmoller 1887 in seiner Antrittsrede vor der Preußischen Akademie der Wissenschaften formulierte, das Vorhaben von Roscher, Hildebrand und Knies vollenden, “die Nationalökonomie loszulösen von der Dogmatik der englisch-französischen Utilitätsphilosophie, sie auf einen anderen, psycho¬ logisch und historisch tiefer und sicher begründeten Boden stellen”.29 Mit diesem Anspruch stießen die Vertreter der „historischen Schule“ um 1900 allerdings auf den Widerstand derjenigen Vertreter der Nationalökonomie, die auf die Anwendung exakter naturwissenschaftlicher Methoden drängten Vitantonio Gioia, Toni Pierenkemper, Emma Rotschild, Bertram S chefold, Vademecum zu einem Klassiker der Stufenlehren, S. 220. 27 Bruno Hildebrand gibt seit 1863 die “Jahrbücher für Nationalökonomie und Sta¬ tistik” heraus. Karl Knies veröffentlicht 1850 bei Luckhardt in Kassel seine Darstellung der “Statistik als selbstständige Wissenschaft. Ein Beitrag zu einer kritischen Geschichte der Statistik seit Achenwall”. 28 Vgl. Karl Knies, Die politische Oekonomie vom Standpunkt der geschichtlichen Methode, C.A. Schwetschke & Sohn, Braunschweig 1853. 29 Das Zitat ist nachgewiesen in Rüdiger vom Bruch, “Gustav Schmoller”, in Ber¬ linische Lebensbilder. Wissenschaftspolitik in Berlin. Minister, Beamte, Ratgeber, Berlin 1987, S. 187. 46 STEFFEN SAMMLER und damit auf die veränderten Anforderungen der Praxis an das Studium der Wirtschaftswissenschaften reagieren konnten.30 Während die Arbeiten der “älteren Schule” im Ausland weitgehend in Vergessenheit geraten sind, zeigt ein Blick in englisch-oder französischsprachige Nachschlagewerke, dass die “jüngere Schule” bis in die Gegenwart hinein stärkere Aufmerk¬ samkeit gefunden hat.31 Die internationale Kritik hat sich erst nach der Reichs gründung von 1871 intensiver mit den Arbeiten der “historischen Schule” auseinandergesetzt. Neben Schmoller hat sie sich vor allem jenem fundamentalen Werk zugewandt, das in Gestalt von Werner Sombarts “Modernem Kapitalismus” zu einem Zeitpunkt entstand, als die “historische Schule” ihren Zenit sowohl auf dem wissenschaftlichen als auch auf dem institutionellen Feld bereits überschritten hatte. Ein Blick auf die wichtigsten Vertreter der “älteren Schule” Wilhelm Roscher, Bruno Hildebrand und Karl Knies, aber auch der Vergleich mit Karl Bücher, machen eine Reihe von Merkmalen deutlich, die über das Interesse für die historische Methode und den gemeinsamen Versuch, den Verlauf der Wirtschaftsgeschichte mit Hilfe von Wirtschaftsstufen zu strukturieren, allen Vertretern der “Historischen Schule” gemeinsam waren. Diese Merkmale liefern wichtige Erklärungen dafür, dass die Vertreter der “historischen Schule” Wirtschaftsordnungen als ein geschichtlich geworden und damit in Veränderung begriffen interpretieren konnten. Sie erklären auch die gemeinsame Überzeugung, dass die Isolierung wirtschaftlicher Faktoren in der Beschreibung des Geschichtsprozesses ebenso abzulehnen sei wie die alleinige Konzentration auf die politische Geschichte in der Rankeschen Tradition. 3.1 Das Studium der Staatswissenschaften Die Vertreter der “historischen Schule” studierten Geschichte und Staats¬ wissenschaften an deutschen Universitäten, die auf eine lange Tradition der staatswissenschaftlichen Ausbildung zurückblicken konnten. In dieser Tra¬ dition erhielten sie neben ihrer geschichtswissenschaftlichen Ausbildung, die von der Antike bis in die Moderne reichte, eine solide philologische Aus¬ bildung. Parallel dazu mussten sie sich umfangreiche Kenntnisse von der 30 Vgl. Heino Heinrich Nau, Eine “Wissenschaft vom Menschen ” . Max Weber und die Begründung der Sozialökonomik in der deutschsprachigen Ökonomie 1871 bis 1914, Duncker & Humblot, Berlin 1997. 31 Dafür können exemplarisch die Artikel “Werner Sombart” von Étienne François, in Dictionnaire des Sciences Historiques, publié sous la direction de André Burguière, PUF, Paris 1986 oder “Gustav Schmoller” aus der Feder des in Washington lehrenden Wissen¬ schaftshistorikers Roger Chickering in Lucian Boi A, Great Historians of the Modern Age. An International Dictionary, New York 1991 stehen. Die “jüngere Schule” und der “Metho¬ denstreit” haben darüber hinaus bei zeitgenössischen französischen Nationalökonomen Interesse gefunden, wie der Klassiker von Charles Gide und Charles Rist, Histoire des doctrines économiques aus dem Jahr 1909 zeigt. Vgl. auch Charles Gide, “L'École écono¬ mique française dans ses rapports avec l'École anglaise et l'École allemande", in Die Ent¬ wicklung der deutschen Volkswirtschaftslehre im neunzehnten Jahrhundert. Gustav Schmoller zur siebenzigsten Wiederkehr seines Geburtstages, Duncker & Humblot Berlin 1908, XVI., S. 1-27. ÖKONOMIE ALS GESCHICHTE?... 47 Lehre der Verwaltung, dem Recht und der Wirtschaft aneignen. Die Aus¬ bildung versetzte sie in die Lage, Arbeiten in einer großen historischen Tiefe von der Antike bis zur Gegenwart zu schreiben und ihren Gegenstand über das klassische Feld der Politik auf Wirtschaft und Kultur auszudehnen. 3.2 Die Spezifik der Ausbildung der deutschen Verwaltungsbeamten im 19. Jahrhundert Die Vertreter der “historischen Schule” erhielten nicht nur ihre wissen¬ schaftliche Ausbildung in der Tradition der “Staatswissenschaften” des 18. Jahrhunderts. Ihre Aufgabe als Hochschullehrer bestand in der Ausbildung der Beamtenschaft der jeweiligen deutschen Territorialstaaten. Sie waren verpflichtet, gleichermaßen Kenntnisse in politischer Geschichte, Staats-und Verwaltungsrecht sowie Statistik vermitteln. Hinzu kam, dass sie dieses Wissen anwendungsorientiert vermitteln mussten. Aus diesem Grund war der Rückgriff auf die Geschichte für die Auswahl der Fallbeispiele in der Ausbildung der zukünftigen Beamten unvermeidlich. Er führte zu jenem Verständnis für den “Relativismus in der Wirtschaftspolitik”, den Gottfried Eisermann an Roschers Werk hervorgehoben hatte.32 Folgerichtig geriet die “historische Schule”, wie Rüdiger vom Bruch in einer Reihe von Arbeiten zeigen konnte, in dem Moment in die Krise, in dem die Gesellschaft unter dem Eindruck der Hochindustrialisierung nicht länger einen allgemein gebildeten “Staatswissenschaftler”, sondern einen stärker spezialisierten Juristen oder Volkswirt benötigte. 3.3 Weder “laissez-faire” Kapitalismus noch Sozialismus. Übereinstimmende politische Überzeugungen Bruno Hildebrand und Karl Knies, aber auch Karl Bücher standen in der Tradition des politischen Liberalismus. Hildebrand und Knies mussten auf Grund ihrer politischen Überzeugungen und ihres Engagements in der Revolution von 1848 Brüche in ihren akademischen Karrieren hinnehmen. Sie standen folglich dem Modell des starken Staates, der die “jüngere Schule” um Gustav Schmoller prägen sollte, skeptisch gegenüber. Als Vor¬ bild für die politische Verfassung sahen sie die englische Bürgergesellschaft, während sie gleichzeitig das englische Industrialisierungsmodell kritisch betrachteten. Sie standen dem politischen Liberalismus aufgeschlossen gegenüber, lehnten aber den Wirtschaftsliberalismus englischer Prägung ab, den sie durch assoziative Organisationsformen selbstständiger Kleinunter¬ nehmer ersetzen wollten. 32 Vgl. Gottfried Eisermann, “Die Grundlagen von Wilhelm Roschers wissenschaft¬ lichem Werk”, in Kommentar zu : Wilhelm Roscher, Geschichte der National-Oekonomik in Deutschland, Verlag Wirtschaft und Finanzen, Düsseldorf 1992, S. 68. 48 STEFFEN SAMMLER 3.4 Sozialpolitisches Engagement Ausgehend von ihrer Kritik am englischen Industrialisierungsmodell engagierten sich die Vertreter der “Historischen Schule” auf dem Gebiet der Sozialpolitik.33 Bruno Hildebrand und Gustav Schmoller waren im 1872 gegründeten “Verein für Socialpolitik” aktiv, dessen Ziel es war, durch bildungs-und sozialpolitische Maßnahmen die Masse der arbeitenden Be¬ völkerung in die Gesellschaft des Kaiserreiches zu integrieren. Sie ver¬ standen sich ebenso wie Karl Bücher als Wissenschaftler, die für die Ver¬ besserung der Lage der vom Industrialisierungsprozess betroffenen Unter¬ schichten eintraten. Dabei betonten sie die Verantwortung des Staates. 4 Das verbindende Element bei der Strukturierung des historischen Prozesses: Das Modell der Wirtschaftsstufen Das theoretische Konzept, das die Vertreter der “Historischen Schule” entwickelten, um den historischen Prozess nach den Kriterien der wirt¬ schaftlichen Entwicklung strukturieren zu können, bestand in der Konstruktion von Wirtschaftsstufen. Die Vertreter der “älteren Schule” folgten dabei den Vorstellungen über die Entwicklungsgeschichte der Menschheit im philosophischen Sinne, etwa im Sinne Hegels, der Kindes-, Jünglings-, Mannes-und Greisenalter in der gesellschaftlichen Entwicklung unterschieden hatte. Sie versuchten dieses allgemeine Modell auf die wirtschaftliche Entwicklung zu übertragen. Philosophisches Entwicklungs¬ modell und Typologisierungsversuch des Wirtschaftsprozesses blieben bei den Vertretern der “älteren Schule” bis zu Karl Knies eng verknüpft. Friedrich List hatte in diesem Sinne einen “wilden Zustand, Hirtenstand, Agrikulturstand, Agrikultur-Manufakturstand und Agrikultur-Manufaktur-Handelsstand” unterschieden. Wilhelm Roscher stellte der “Frühzeit” wirtschaftlicher Entwicklung das “Mittelalter” und die “Neuzeit” gegenüber und folgte damit der Klassifi¬ zierung der traditionellen Geschichtswissenschaft. Er ordnete diesen drei Zeitaltern die wirtschaftswissenschaftlichen Kategorien “Natur, Arbeit und Kapital” zu und kam zu der Schlussfolgerung, dass in der Frühzeit die “Natur” überwogen habe, im Mittelalter die “Arbeit” und in der Neuzeit das “Kapital” zum bestimmenden Element des Wirtschaftsprozesses avanciert 33 Vgl. Eckhard Pankoke, Sociale Bewegung -Sociale Frage -Sociale Politik. Grund¬ fragen der deutschen “ Socialwissenschaft” im 19. Jahrhundert, Stuttgart 1970 ; Albert MÜSSIGGANG, Die soziale Frage in der historischen Schule der deutschen Nationalökonomie, Tübingen 1968. 34 Vgl. Hermann Kellenbenz, “Wirtschaftsstufen”, in Handwörterbuch der Sozial¬ wissenschaften, Band 2, Gustav Fischer Verlag, Stuttgart 1965, S. 260-269 ; einen ausführ¬ lichen Kommentar zur Geschichte und zu den Entwicklungsperspektiven der Wirtschafts¬ stufenlehre liefert Karl Heinrich Kaufhold, “Zur Entwicklung des Wirtschaftsstildenkens in Deutschland”, in Rainer Klump (Hrsg.), Wirtschaftskultur, Wirtschaftsstil und Wirtschafts¬ ordnung, Metropolis-Verlag, Marburg 1996, S. 21-37. ÖKONOMIE ALS GESCHICHTE?... 49 wäre. Bruno Hildebrand legte 1864 eine ausgearbeitete Wirtschaftsstufen¬ theorie der historischen Schule vor, die die Wirtschaftsformen “Natural¬ wirtschaft, Geldwirtschaft und Kreditwirtschaft” unterschied. Hier finden wir im Gegensatz zu Roscher die Darstellung einer Höherentwicklung, die sich nicht länger an einem abstrakten philosophischen Modell, sondern an einer konkreten politischen Überzeugung orientierte. Die Kreditwirtschaft sollte als höchste Stufe der gesellschaftlichen Entwicklung in Anlehnung an die Vorstellungen Pierre-Joseph Proudhons die Arbeiter am gesellschaft¬ lichen Reichtum beteiligen. Karl Knies vollzog schließlich mit seiner Auffassung über die Analogien, die über den Vergleich mit den Wirtschafts¬ stufen der Vergangenheit die Erkenntnis der Gegenwart ermöglichen würden, die Trennung von Fortschrittsphilosophie und Strukturierung des ökonomischen Prozesses in Gestalt der Wirtschaftsstufen. Die “jüngere Schule” trennte dann konsequent zwischen philosophischer und historischer Betrachtungsweise und erarbeitete eine Typologie von Wirtschaftsstufen, die zwar bestimmten zeitlichen Epochen zugeordnet wurden, ohne diese jedoch länger mit dem Fortschrittsgedanken zu ver¬ knüpfen. Gustav Schmoller unterschied in diesem Zusammenhang die Stufen der “Dorfwirtschaft”, “Stadtwirtschaft”, “Territorialwirtschaft” und “Volks¬ wirtschaft” voneinander. Karl Bücher nahm zunächst eine Unterscheidung nach den Formen des Tausches in Formen der Tauschlosigkeit, Formen un¬ mittelbaren Austauschs und Formen des Güterumlaufes vor. Daraus ent¬ wickelte er die Stufen “Geschlossene Hauswirtschaft”, “Stadtwirtschaft” und ’’Volkswirtschaft”. Das Modell von Bücher ist später vor allem von Werner Sombart weiterentwickelt worden, der unter der Bezeichnung “Wirtschafts¬ geist” die Mentalitäten der wirtschaftlichen Akteure in seine Überlegungen einbezog. Sombarts Versuch, das Feld der Institutionen mit dem der Men¬ talitäten zu verbinden, wies einen möglichen Weg, historische und systema¬ tische Ansätze nach dem “Methodenstreit” wieder zu verbinden. Auch wenn die Wirtschaftsstufen in der empirischen Forschung auf vielfältige Kritik gestoßen sind, haben sie sich als ein Hilfsmittel bei der Strukturierung des wirtschaftsgeschichtlichen Stoffes auf vielfältige Weise bewährt. Beispiele dafür finden wir in den Wirtschaftswissenschaften in Gestalt der Wach¬ stumstheorie von Walt W. Rostow, in den kulturanthropologischen Arbeiten Karl Polanyis und nicht zuletzt in den jüngsten Forschungen zu “Wirt¬ schaftskultur und Wirtschaftsstil”, die bewusst an die Forschungen der “historischen Schule” angeknüpft haben.35 35 Eine lesenswerte Einführung in die Stufentheorien als Theorien des historischen Wandels am Beispiel von Giambattista Vico, Karl Marx und Walt W. Rotow gibt Dietmar Rothermund, Geschichte als Prozeß und Aussage , R. Oldenbourg Verlag, München 1995, S. 65-85 ; den Brückenschlag von Karl Bücher zu Karl Polanyi hat Michael Hudson, “Karl Bûchers Role in the Evolution of Economic Anthropology”, in Jürgen Backhaus (Hrsg.), Karl Bücher , S. 301-336 nachgezeichnet und für die Weiterentwicklung der “Wirt¬ schaftsstil-” zur “Wirtschaftskulturforschung” sei auf die Beiträge des zitierten Bandes “Wirtschaftskultur, Wirtschaftsstil und Wirtschaftsordnung” varwiesen. 50 STEFFEN SAMMLER 5 Stärken und Schwächen der “historischen Schule” Die Vertreter der “historischen Schule” waren in der ersten Generation noch keine Fachhistoriker im Sinne Rankes. Sie blieben beschreibenden Dar¬ stellungen verhaftet, die auf der Kompilation der Literatur beruhten, und wurden dafür auch von späteren Generationen kritisiert. In der zweiten Generation bereicherten sie dagegen, etwa durch die konsequente Anwen¬ dung der Statistik, das Methodenrepertoire der Geschichtswissenschaften und erarbeiteten in der Tradition der “Schmollerschule” eine Reihe von bedeu¬ tenden Arbeiten zur Wirtschaftsgeschichte. Wenn der Methodenstreit um 1900 und die Konstituierung spezialisierter geistes-und sozialwissenschaft¬ licher Disziplinen seinerzeit die Herausbildung eines “Orchideenfaches” Wirtschaftsgeschichte befördert haben, so ist nicht zu übersehen, dass es in jüngster Zeit Tendenzen zu einer stärkeren Rückkoppelung der Geschichte und der Kulturwissenschaften an die Wirtschaftswissenschaften gegeben hat. Auf der methodischen Ebene versuchten die Vertreter der “historischen Schule” zwischen Natur-und Geisteswissenschaften zu vermitteln. Sie beton¬ ten die besondere Stellung der Gesellschaftswissenschaften zwischen Geistes¬ und Naturwissenschaften. Diese bedinge eine enge Verbindung von syste¬ matischen und historisch beschreibenden Methoden. Sie plädierten frühzeitig für die Nutzung vergleichender Methoden, die für die Erarbeitung der “Wirtschaftsstufentheorie” unabdingbar waren. Auch wenn das wissenschaftliche Programm der “historischen Schule” als uneingelöst oder sogar uneinlösbar angesehen werden kann36, ist der An¬ spruch, gegen die Fragmentierung des Wissens neue “lesbare Zusammen¬ fassungen” der Geschichte wirtschaftlichen Handelns in einer interdiszipli¬ nären Perspektive zu erarbeiten, keineswegs obsolet geworden. 6 Schlussbemerkungen. Plädoyer für eine neue Interdisziplinarität Die Möglichkeit, an der Jahrtausendwende an den Anspruch der “histo¬ rischen Schule” anknüpfen zu können, eine Gesellschaftsgeschichte wirt¬ schaftlichen Handelns von der Antike bis zur Gegenwart zu schreiben, wird von den zitierten Autoren aus Wirtschafts-und Geschichtswissenschaft über¬ wiegend skeptisch beurteilt. Gleichzeitig ist der Bedarf an disziplinüber-greifenden Beschreibungsversuchen von großer zeitlicher Tiefe unüber¬ sehbar. Er drückt sich nicht nur in den Verkaufszahlen lesbarer Gesamtdar¬ stellungen, sondern auch in der Suche nach neuen Studiengängen und Fächerkombinationen an deutschen Universitäten aus. Dafür steht die konse¬ quente Verbindung von Wirtschafts-und Kulturwissenschaften an der priva- 36 Historiker und Wirtschaftswissenschaftler wie Hubert Kiesewetter und Toni Pieren-kemper haben aus der Tradition der Wissenschaftstheorie von Karl R. Popper den holi-stischea Anspruch der “historischen Schule“ kritisiert. ÖKONOMIE ALS GESCHICHTE ?... 51 ten Universität Witten-Herdecke, an der Birger P. Priddat lehrt, ebenso wie die Einrichtung kulturwissenschaftlicher Studiengänge oder Fakultäten an den Universitäten Berlin, Frankfurt/Oder und Leipzig, die versuchen, die verschiedenen geisteswissenschaftlichen Fächer in der Lehre und in der For¬ schung wieder zusammenzuführen. Sie entsprechen damit einer Forderung des amerikanischen Sozialwissenschaftlers Immanuel Wallerstein, der seit längerem dafür plädiert, die Struktur der Sozialwissenschaften des 20. Jahr¬ hunderts “kaputtzudenken”37 und zu neuen Fächerkombinationen vorzudrin¬ gen.38 In die gleiche Richtung gehen die Überlegungen des an der Humboldt-Universität zu Berlin lehrenden Wissenschaftshistorikers Rüdiger vom Bruch.39 Bruch spricht in seinem Plädoyer für eine neue Interdisziplinarität von jenem “ursprünglich festgezimmerten Haus mit beweglichen Wänden und Schiebetüren”, das seit der Jahrhundertwende “in gleichgewichtige Eigentumswohnungen mit separaten Eingängen parzelliert worden sei”.40 In diesem Sinn hat die “historische Schule” auch einhundert Jahre nach dem Methodenstreit nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. In einer Gesell¬ schaft, die in immer stärkerem Maße durch das Primat individuellen Han¬ delns geprägt ist, steht die Geschichtswissenschaft vor der Herausforderung, jene “lesbaren theoretischen Zusammenfassungen großer historischer Zu¬ sammenhänge (bis hin zur Weltgeschichte)” bereitzustellen, die die not¬ wendige Selbstverortung des Einzelnen und der Gesellschaft gestatten.41 Wer diese Aufgabe in der Tradition der “historischen Schule” auch als ein politisches Projekt versteht, der sieht sich mit jenen Ökonomen und Histo¬ rikern einig, die für eine neue “Politische Ökonomie” plädieren und dabei erneut auf ein Zusammengehen von Wirtschafts-und Geschichtswissenschaf¬ ten im Sinne von Kulturwissenschaften setzen.42 37 So der Titel der deutschen Übersetzung von Immanuel Wallersteins Buch Un¬ thinking Social Science, das 1995 unter dem Titel Die Sozialwissenschaft kaputtdenken. Die Grenzen der Paradigmen des 19. Jahrhunderts im Beltz Athenäum Verlag in Weinheim erschien. 38 Immanuel Wallerstein, Calestous Juma, Evelyn Fox Keller, Jürgen Kocka, Dominique Lecourt, Valentin Y. Mudimbe, Kinhide Mushakoji, Bya Prigogine, Peter J. Taylor, Michel-Rolph Trouillot, Die Sozialwissenschaften öffnen. Ein Bericht der Gulbenkian-Kommission zur Neustrukturierung der Sozialwissenschaften, Frankfurt a.M./ New York, Campus Verlag 1996. 39 Rüdiger vom Bruch, “Historiographiegeschichte als Sozialgeschichte. Geschichts¬ wissenschaft und Gesellschaftswissenschaft”, in Geschichtsdiskurs Band 1 : Grundlagen und Methoden der Historiographiegeschichte, hrsg. von Wolfgang Küttler, Jöm Rüsen und Emst Schulin, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a.M. 1993, S. 256-270. 40 Ebenda, S. 260. 41 Vgl. Lutz Niethammer, Posthistoire. Ist die Geschichte zu Ende ?, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1989, S. 171. 42 Vgl. die Beiträge des von Werner Abelshauser herausgegebenen Themenheftes “Politische Ökonomie” der Zeitschrift Geschichte und Gesellschaft 25 (1999), Heft 2 ; Birger P. Priddat hat unter dem Titel “Ideen statt Ideologie. Die Wirtschaftswissenschaft muss sich ändern” einen programmatischen Text in Die Zeit, Nr. 3 vom 11. Januar 2001, S. 21 veröf¬ fentlicht